Gymnocalycium hyptiacanthum ssp. uruguayense (M. Meregalli 2008)
Beschreibung:
Synonyme: | Gymnocalycium artigas (siehe unter Bemerkungen), Gymnocalycium guerkeanum, Gymnocalycium leeanum (zum Teil, siehe unter Bemerkungen), Gymnocalycium melanocarpum (siehe unter Bemerkungen), Gymnocalycium uruguayense (siehe unter Bemerkungen), sowie fa. depressum, var. floreo-roseo und var. roseiflorum, sowie unter dem Gattungsnamen Echinocactus; |
Heimat: | Nordöstl. Argentinien (Entre Rios; südl. von Concordia), südl. Brasilien (südwestl. Rio Grande do Sul; von Uruguaiana östl. bis westl. von Alegrete und südöstl. bis Santana do Livramento) und nordwestl. und westl. Uruguay (u. a. bei Artigas, Durazno, Paysandu, Rio Negro, Rivera, Salto und Tacuarembo); (u. a.) auf sandig-lehmigen Ebenen, steinigen Wiesen und auf den Uferböschungen von Bächen und Flüssen, oft zwischen Gräsern; |
Wuchsform: | meist sprossend (selten einzeln) und dann (recht) flache Polster bildend; Körper (oliv- oder blau- bis grau-)grün (bei sehr sonnigem Stand leicht (rötlich-)braun), meist flach- bis gedrückt-kugelig (selten kugelig), der Scheitel kaum bis leicht eingesenkt, mit 6-15 Rippen, diese anfangs recht deutlich ausgeprägt (etwa ab halber Höhe zunehmend flacher), gerade, mit welligen bis leicht zickzackigen Rändern und durch flache bis (recht) tiefe Querfurchen in Segmente unterteilt oder in Höcker (teils mit 6-eckiger Basis) aufgelöst, diese mit deutlich ausgeprägten, meist kantigen (selten abgerundeten), nasen- bis kinnartigen Vorsprüngen unterhalb der Areolen, in eine Rübenwurzel übergehend, bis 4cm (selten bis 8cm) hoch und bis 11cm (selten bis 14cm) im Durchmesser; |
Bedornung: | Areolen rund bis elliptisch, anfangs dicht mit kurzer, weißlicher, gelblicher bis (hell) gelblich-brauner oder grauer Wolle bedeckt, im Alter verkahlend, bis 3mm lang; mit 3-7 Randdornen, diese weißlich oder gelblich bis hell gelblich-braun (teils mit rötlicher bis rötlich-brauner Basis), im Alter weißlich bis hellgrau werdend, fein (teils biegsam) bis recht kräftig, die Oberfläche rau (leicht flaumig bis schuppig), gerade oder leicht (in sich oder / und zum Körper hin) gebogen, meist anliegend (selten der unterste leicht abstehend) und bis 3cm lang; Mitteldorn(en) fehlend; |
Blüte: | meist hell zitronengelb, bisweilen auch grünlich-gelb, weiß oder zart rosa mit hellerem Schlund ("var. roseiflorum"), glockenförmig, häufig funktional zweihäusig (bisweilen zwittrig, selten echt zweihäusig), scheitelnah, bis 5cm lang und bis 6,5cm im Durchmesser; |
Frucht: | oliv- oder dunkel- bis blaugrün (alte Früchte trocknen ein und werden dann zunehmend grau), (länglich-)kugelig bis eiförmig, von der Basis her vertikal aufreißend, bis 2cm lang und im Durchmesser; Samen schwarz, hutförmig, bis 1,5mm lang und ca. 1mm im Durchmesser; |
Bemerkungen: |
Die hier vorgestellte Unterart beeindruckt vor allem durch ihre hübschen, recht großen Blüten mit ihren unterschiedlichen Blütenfarben. Sie besiedelt das größte Verbreitungsgebiet der drei Unterarten von Gymnocalycium hyptiacanthum und ist bei der Wahl ihrer Wuchsorte nicht besonders wählerisch. Die Fähigkeit, sich an unterschiedliche Wuchsorte anzupassen, führt zu einer recht großen Variabilität dieser Unterart. Neben der Blütenfarbe unterscheiden sich die Pflanzen vor allem in der Bedornung. Diese variiert von fein (z. B. bei "G. melanocarpum") bis recht kräftig und von kurz (nur ca. 1cm lang) bis recht lang (bis zu 3cm). Zudem hängt die Bedornung vom Alter der Pflanzen ab: Jungpflanzen besitzen oft eine deutlich feinere Bedornung als ausgewachsene Exemplare. Darüber hinaus gibt es (neben der Blütenfarbe) weitere Unterschiede bei den Blüten: So sind die Pflanzen der hier vorgestellten Unterart oft funktional zweihäusig (d. h. die männlichen oder weiblichen Organe der Blüten sind zwar vorhanden, sind aber nicht oder nur sehr eingeschränkt funktionsfähig), jedoch finden sich zwischen diesen auch zwittrige und (echt) zweihäusige (d. h. rein männliche oder rein weibliche) Pflanzen. Entsprechend schwierig ist es, abgrenzende Merkmale gegenüber den beiden anderen Unterarten anzugeben, zumal es Übergangsformen zwischen den drei Unterarten geben soll. Recht einfach sind dabei noch die kräftiger bedornten Exemplare zuzuordnen, da die Bedornung der beiden anderen Unterarten meist feiner ist. Zudem besitzt die hier vorgestellte Unterart keinen Mitteldorn, während bei den beiden anderen Unterarten vereinzelt ein Mitteldorn vorkommt. Von der Typunterart unterscheidet sie sich zudem durch die meist fehlende rötliche Basis der Dornen - wobei es jedoch bei beiden Unterarten Ausnahmen von dieser Regel gibt: So besitzt "G. melanocarpum" jene rötliche Basis, während sich in Populationen der Typunterart vereinzelt Pflanzen finden, denen jene Basis fehlt (siehe Schuetziana Vol.1.1 (2010), S. 4 ff. und Vol.2.1 (2011), S. 29 ff.)). Jenseits davon ist eine Unterscheidung einzig durch die Herkunft möglich: Während die hier vorgestellte ssp. uruguayense insbesondere das westliche und nordwestliche Uruguay (und angrenzende Gebiete in Argentinien und Brasilien) besiedelt, stammt die Typunterart aus dem Süden und die ssp. netrelianum aus dem Osten Uruguays. Womöglich wäre es, angesichts der großen Variabilität und der angesprochenen Übergangsformen, sinnvoll, die Unterteilung in Unterarten aufzugeben und Gymnocalycium hyptiacanthum stattdessen als eine (aus taxonomischer Sicht) einheitliche, wenn auch sehr variable Art zu begreifen (wie dies D. Hunt (2006) tut, wenn auch unter dem Namen "G. uruguayense"). Leider liegt uns der entscheidende Artikel von G. Charles + M. Meregalli (in CSI (2008)) nicht vor, weshalb wir nicht wissen, weshalb sich Meregalli dazu entschieden hat, Gymnocalycium hyptiacanthum in jene drei Unterarten (die Typunterart, ssp. netrelianum und die hier vorgestellte ssp. uruguayense) aufzuteilen. Zudem wurde sein vielversprechender Beginn einer ausführlichen Betrachtung von Gymnocalycium hyptiacanthum in Schuetziana nach den ersten beiden Teilen (zur taxonomischen Geschichte von Gymnocalycium hyptiacanthum und zu ausgewählten Standorten der Typunterart) bisher (Stand Jan. 2017) nicht fortgesetzt. Die taxonomische Geschichte der hier vorgestellten Unterart beginnt mit der Beschreibung von "Echinocactus uruguayensis" durch Arechavaleta im Jahr 1905. Jene ist nicht nur recht genau, sondern enthält auch die Angabe des Typstandorts (Paso de los Toros, Uruguay). Ein interessantes Detail ist, dass die Blütenfarbe der von ihm beschriebenen Pflanze(n) weiß ist, obwohl die Mehrheit der Pflanzen hellgelb blüht. Die große Variabilität der Pflanzen führte dazu, dass in der Folge weitere Populationen als neue Arten beschrieben wurden - u. a. durch Arechavaleta selbst, der noch im gleichen Artikel auch "Echinocactus melanocarpus" beschreibt. Trotz der Angabe des Fundortes (Paysandu, Uruguay) ist die genaue Zuordnung dieses Namens umstritten, da die Beschreibung 5-6 Dornenpaare anführt, während die Abbildung dazu eine der hier vorgestellten Unterart sehr ähnliche Pflanze mit nur 5-7 Dornen zeigt (Schlosser + Schütz spekulieren (in KuaS 4/1982) gar darüber, ob hier nicht eine Verwechslung vorliegt und die Abbildung tatsächlich eine Form von "G. multiflorum" (ein Synonym von Gymnocalycium monvillei) zeigt). In letzter Zeit wurde dieser Name zumeist mit den feiner bedornten Formen im südwestlichen Teil des Verbreitungsgebiets in Verbindung gebracht (siehe Fig.71 in G. Charles (2009)). Kiesling et al. (in KuaS 9/2002, S. 227 f.) glauben hingegen, einen (dem Etikett nach) aus der argentinischen Provinz Santa Fe stammenden Herbarbeleg als "E. melanocarpus" identifiziert zu haben (wobei sie die auf dem Etikett genannte Herkunft in Zweifel ziehen). Trotz dieser Unklarheiten wird "G. melanocarpum" meist als Synonym der hier vorgestellten Unterart geführt. Dem schließen wir uns hier, mangels besseren Wissens, an. Ein weiterer, ebenfalls problematischer Name ist der von Herter im Jahr 1951 beschriebene "G. artigas", über den G. Charles (2009) schreibt, dass die Erstbeschreibung Merkmale der hier vorgestellten Unterart und der ssp. netrelianum miteinander vereine - was nicht verwunderlich ist, da diese Form aus dem südöstlichen Teil des Verbreitungsgebiets der hier vorgestellten Unterart (Blanquillo, Uruguay) stammt (und damit geographisch aus dem "Grenzgebiet" zu ssp. netrelianum). Den Hauptunterschied (und zugleich der Grund für die Beschreibung dieser Pflanzen als eigene Art) sah Herter in der abweichenden Blütenfarbe (gelb statt, gemäß der Erstbeschreibung von "G. uruguayense", weiß) - offenbar war ihm die große Variabilität der Blütenfarben nicht bekannt. Darüber hinaus soll eine der Abbildungen, die Herter zur Illustration seines "G. artigas" in seiner Erstbeschreibung zeigt, in Wirklichkeit ein "G. uruguayense" sein. Aus diesem Grund wird auch dieser Name als Synonym der hier vorgestellten Unterart angesehen und daher auch von uns hier aufgeführt. Leider war all dies nur der Beginn an Widersprüchen und Unklarheiten. Ein weiteres Problem entstand dadurch, dass lange Zeit unklar war, welche Pflanzen im Jahr 1839 von Lemaire unter dem Namen "Echinocactus hyptiacanthus" beschrieben worden waren (wohl auch, weil Lemaire weder die Blüten, noch die Früchte, noch die Herkunft der von ihm beschriebenen Pflanze(n) kannte). Obwohl sich (gemäß einem uns leider nicht vorliegenden Artikel von W. Papsch aus dem Jahr 2001) die Beschreibung vermutlich auf Pflanzen bezog, die heute meist als "G. schroederianum ssp. bayense" (offenbar eine Neubeschreibung von Gymnocalycium platense, weshalb der derzeit gültige Name für jene Pflanzen Gymnocalycium platense ssp. platense lautet; siehe Schuetziana Vol.6.2 (2015) und Schuetziana Vol.6.3 (2015)) bekannt sind (siehe G. Charles (2009), S. 46 + S. 119), bürgerte sich der Name im Laufe der Zeit für Pflanzen aus dem südlichen Uruguay ein. Im Jahr 1999 validierte Kiesling dann diese Zuordnung, indem er einen entsprechenden Neotypus bestimmte. Papschs Versuch, Kieslings Neotypus für ungültig zu erklären und stattdessen eine Pflanze des heutigen Gymnocalycium platense ssp. platense als Neotypus zu bestimmen, scheiterte an den Regeln des ICBN (KuaS 9/2002, S. 228 f.). Somit ist Gymnocalycium hyptiacanthum der (im Artrang) gültige Name für jene Pflanzengruppe innerhalb der Gattung Gymnocalycium, da er Priorität vor den in der gleichen Publikation von Britton + Rose (1922) jeweils ein paar Seiten später publizierten Namen "G. netrelianum" und "G. uruguayense" hat (zur taxonomischen Geschichte von Gymnocalycium hyptiacanthum (ssp. hyptiacanthum) sei auf den ersten Teil des Artikels von M. Meregalli in Schuetziana Vol.1.1 (2010) , S. 4 ff. verwiesen). Leider folgen manche Autoren diesem Ansatz nicht. Während E. F. Anderson (2005) den Namen zwar anerkennt, die hier vorgestellte Unterart aber als eigene Art führt, verwirft D. Hunt (2006) den Namen Gymnocalycium hyptiacanthum als in seiner Zuordnung zu unsicher und wählt stattdessen "G. uruguayense" als Namen für die gesamte Pflanzengruppe. Dieser breiter gefasste Ansatz hat zur Folge, dass manche Pflanzen, die unter dem Namen "G. uruguayense" in Umlauf sind, nicht zu der hier vorgestellten Unterart, sondern zu einer der beiden anderen Unterarten gehören. Ähnliche Probleme gibt es auch mit dem Namen "G. leeanum". Aus botanischer Sicht ist dies ein Synonym von Gymnocalycium reductum ssp. leeanum, jedoch sind (nach Verwechslungen durch Britton + Rose, Backeberg und weiteren Autoren) unter diesem Namen bis heute viele Pflanzen in Umlauf, die in Wirklichkeit zu einer der drei Unterarten von Gymnocalycium hyptiacanthum gehören (so z. B. die bei H. Hecht (1991) auf S. 277 abgebildete Pflanze; siehe G. Charles (2009), S. 112). Gymnocalycium hyptiacanthum ist Teil der Untergattung Macrosemineum. Die nächsten Verwandten der hier vorgestellten Unterart sind selbstverständlich die beiden anderen Unterarten (wobei Schlosser + Schütz (in KuaS 2/1982) auf Grund der großen Ähnlichkeit der Samen der Typunterart und der ssp. netrelianum zwischen diesen beiden eine engere Verwandtschaft vermuten, als zu der hier vorgestellten Unterart (ohne "G. melanocarpum", dessen Verhältnis sie als "ungeklärt" bezeichnen)). In Kultur ist Gymnocalycium hyptiacanthum ssp. uruguayense unproblematisch, allerdings sollte er in der Wachstumszeit regelmäßige Wassergaben erhalten und (je nach Standort) eventuell auch in den Wintermonaten ein paar Tropfen, damit die Pflanzen nicht zu sehr schrumpfen. Die Bilder zeigen eine Jungpflanze aus unserer Sammlung, die wir unter der Bezeichnung "G. uruguayense var. roseiflorum ?" erhielten und welche die Feldnummer "H 025" (Masoller, Uruguay) trägt. |
Literatur: | E. F. Anderson (2005), S. 329; G. Charles (2009), S. 49 ff.; E. Haustein (1998), S. 178 f. (die hier angegebene Herkunft ist falsch); D. Hunt (2006), S. 135 (Abbs. 269.4 + 270.1; nicht Abb. 269.5, dies ist Gymnocalycium hyptiacanthum ssp. hyptiacanthum); KuaS 2/1982, S. 26 ff. + KuaS 4/1982, S. 88 ff.; KuaS 2/2002, S. 29 ff.; KuaS 9/2002, S. 225 ff.; D. Metzing (2012), S. 87 f.; J. Pilbeam (1995), S. 98 + S. 150 f.; R. + K. Preston-Mafham (1995), S. 73; Schuetziana Vol.1.1 (2010), S. 4 ff.; Schuetziana Vol.2.1 (2011), S. 29 ff.; |