Agave wocomahi (H. S. Gentry 1942)
Beschreibung:
Synonyme: | keine; |
Heimat: | Nordwestl. Mexiko; südwestl. Chihuahua, südl. Durango, östl. Jalisco, nördl. Sinaloa und südöstl. Sonora; u. a. in der Sierra Huichola südl. von Tepetates (südl. Durango), das Hauptverbreitungsgebiet liegt jedoch in den höheren Lagen der nördlichen Sierra Madre Occidental, dort in einzelnen, weit verstreuten Populationen auf Felsen und felsigen Hängen (Kalkstein), aber auch auf Lichtungen und als "Unterbewuchs" lichter Kiefern-/Eichenwälder (in Jalisco in Dornwald) in ca. 1370m-2500m Höhe (siehe unter Bemerkungen); |
Wuchsform: | meist einzeln (selten sprossend), Rosetten bei sonnigem Stand kleiner und recht kompakt, im Halbschatten von Büschen und Bäumen hingegen (deutlich) größer und eher offen, bis 1,5m (selten bis 2m) hoch und bis 2m im Durchmesser (meist jedoch kleiner); Blätter dunkelgrün bis (bläulich-)grau-grün, meist (linealisch-)lanzettlich (selten (lanzettlich-)eiförmig) (oberhalb der Basis am breitesten und zur Basis hin etwas schmäler), schräg aufrecht bis ausgebreitet (alte Blätter teils auf dem Boden aufliegend), meist gerade oder leicht nach oben gebogen, jedoch bisweilen (insb. an halbschattigen Standorten) das obere Drittel bis obere Viertel nach unten gebogen, (ziemlich) steif, (insb. junge Blätter) mit deutlichem Abdruck der Randzähne, die geraden bis welligen Ränder mit recht kräftigen, unterschiedlich (jedoch in der unteren Hälfte häufig abwärts) gebogenen, aus deutlich ausgeprägten Warzen entspringenden, (rötlich- oder dunkel- bis grau-)braunen bis grauen, bis 2cm großen Randzähnen (und manchmal in unregelmäßigen Abständen mit kleineren "Zwischenzähnen") besetzt, in einen schlanken, robusten, manchmal hin- und her-gebogenen, oberseits abgeflachten oder gefurchten, rötlich- oder dunkelbraunen bis fast schwarzen, bis zu 6cm langen Enddorn auslaufend, bis 90cm lang und bis 25cm breit; |
Infloreszenz: | aufrecht, rispig, eher schlank, der Schaft mit bis zu 20cm langen Brakteen und das obere Drittel mit 8-15 Zweigen, welche sich an ihrem Ende teils erneut verzweigen (in bis zu 4 Teil-Zweige), welche jeweils kleine Blütenbüschel an ihren Spitzen tragen, bis 5m hoch; |
Blüte: | gelb, trichterförmig, aufrecht, bis 8,5cm lang; |
Frucht: | länglich, bis 6cm lang und bis 2cm im Durchmesser; Samen glänzend schwarz, fein gepunktelt, (mehr oder weniger) halbkreisförmig, die Oberfläche leicht geriffelt, mit einem leicht nach oben gebogenen Rand, bis 7mm lang und bis 5mm breit (*); |
Bemerkungen: |
Die hier vorgestellte, durchaus attraktive Art war lange nur aus dem Hochland der nördlichen Sierra Madre Occidental bekannt, bis H. S. Gentry im Jahr 1975 auch Pflanzen in der Sierra Huichola (im südlichen Durango) fand (H. S. Gentry (2003), S. 464). Seit ein paar Jahren gibt es zudem Berichte über eine weitere Population im östlichen Jalisco (G. Hernández-Vera et al. (in JBRIT 1/1 (2007)) und J. A. Vazquez-Garcia et al. (Hrsg.) (2007)), wodurch das Verbreitungsgebiet der Art noch einmal deutlich nach Südosten erweitert wird. Tatsächlich lässt sich mit Hilfe der Literatur die Erforschung von Agave wocomahi über die Jahre gut nachvollziehen. Hierbei fällt auf, dass H. S. Gentry seine Beschreibung der Art im Vergleich zu seiner Erstbeschreibung aus dem Jahr 1942 deutlich verändert und ergänzt hat (siehe H. S. Gentry (2003) und H. S. Gentry (1942)). Womöglich war dies auch der Erkenntnis geschuldet, dass Agave wocomahi - bezüglich Form, Farbe und Größe der Blätter - eine durchaus variable Art ist (manche Pflanzen blühen bereits mit nur 40cm im Durchmesser). Unser Besuch an einem Standort südlich von El Divisadero (Chihuahua) lässt uns vermuten, dass hierbei vor allem zwei Faktoren eine Rolle spielen, nämlich einerseits die unterschiedliche Lichtintensität (je nachdem, ob die Pflanze auf einer Lichtung oder unter Büschen und Bäumen wächst) und andererseits die Verfügbarkeit von organischen Bestandteilen im Substrat. Entsprechend bilden die Pflanzen eher kompakte, vergleichsweise kleine Rosetten mit stark bewehrten, grau-grünen bis fast grauen Blättern, deren Ränder deutlich gewellt sind - oder aber deutlich größere und offenere Rosetten mit eher geraden Blatträndern und kleineren, weniger dicht stehenden Randzähnen (vgl. die Bilder 11 und 12 mit Bild 10) - wobei sich die meisten Pflanzen irgendwo zwischen diesen beiden Extremen wiederfinden. Die Variabilität der hier vorgestellten Art macht es allerdings nicht gerade leichter, Agave wocomahi von ähnlichen Arten zu unterscheiden. Als ähnlich wird in der Literatur häufig Agave bovicornuta genannt. Von dieser unterscheidet sich Agave wocomahi (u. a.) durch die dunklere Farbe der Blätter (bei Agave bovicornuta gelblich- oder hell- bis oliv-grün), die oberhalb der Blattbasis weniger stark verschmälert sind, den kleineren Blütenstand mit weniger Zweigen (bei Agave bovicornuta bis 7m hoch und mit bis zu 30 Zweigen) und die längeren Blüten (bei Agave bovicornuta nur bis 6,5cm lang) mit abweichendem Bau. Letzteres führt dazu, dass H. S. Gentry (2003) (und auch F. Hochstätter (2015)) Agave bovicornuta den Crenatae zuordnet, während Agave wocomahi zu den Ditepalae gehört. Dass die beiden Arten nicht näher miteinander verwandt sind, zeigt auch die Studie von K. C. Gil-Vega et al. (in P. Colunga-Garcia Marin et al. (Hrsg.) (2007)): Beide Arten stehen im Dendrogramm auf unterschiedlichen Ästen. Die nächste Verwandte von Agave wocomahi ist demnach Agave applanata (beide bilden gemeinsam einen Nebenzweig zur Gruppe um Agave americana), während Agave bovicornuta viel näher mit Agave cupreata und Agave inaequidens verwandt ist. Deutlich ähnlicher ist (unserer Meinung nach) Agave shrevei (besonders Agave shrevei ssp. shrevei und Agave shrevei ssp. magna), die sich vegetativ kaum von Agave wocomahi unterscheidet. Ein Hinweis darauf, dass es sich bei einer Pflanze um Agave shrevei ssp. shrevei oder Agave shrevei ssp. magna handeln könnte, ist die mehr blaugraue Blattfarbe (wobei manche Pflanzen von Agave shrevei graue (statt blaugraue) Blätter haben und dann anhand der Blattfarbe nicht von Agave wocomahi zu unterscheiden sind), das eher graduell zugespitzte obere Viertel der Blätter (was bisweilen jedoch auch bei Agave wocomahi vorkommt) und relativ geringe Abstände zwischen den Randzähnen (die bei Agave wocomahi recht weit auseinander stehen, wenn keine "Zwischenzähne" vorhanden sind). Relativ eindeutig ist lediglich die Länge der Blüten (bei Agave shrevei nur 5,5cm-7cm lang, bei Agave wocomahi hingegen 6,5cm bis 8,5cm). Wie Agave wocomahi gehört auch Agave shrevei zu den Ditepalae (H. S. Gentry (2003) und F. Hochstätter (2015)). Vermutlich sind beide Arten eng miteinander verwandt. Allerdings gibt es für diese Vermutung bisher noch keine wissenschaftliche Bestätigung, da Agave shrevei nicht Teil der Studie von K. C. Gil-Vega et al. (in P. Colunga-Garcia Marin et al. (Hrsg.) (2007)) war. Der Artname "wocomahi" ist übrigens der Name, den die im Verbreitungsgebiet der Art lebenden Warihio diesen Pflanzen gegeben haben. Nach H. S. Gentry (2003, S. 456) deutet er darauf hin, dass die Art süß schmeckt, essbar und gut zur Herstellung von Mezcal geeignet ist. So dienten die "Köpfe" (engl.: "heads"; vermutlich das Zentrum der Rosetten) und die Blüten gekocht als Nahrungsmittel. Auch stellten die Tarahumara aus den "Köpfen" (durch Fermentation) alkoholische Getränke her. Aus den Fasern der Blätter wurden außerdem Seile und Polsterungen für Packsättel hergestellt. In Kultur ist Agave wocomahi problemlos. Die Pflanzen wachsen dabei mäßig bis recht schnell - bis zur Blüte vergehen ca. 10-15 Jahre (*). Die Art verträgt dabei auch längere Trockenperioden, bevorzugt aber eine regelmäßige Wasserversorgung (besonders während der Sommermonate). In sehr heißen Gebieten ist zudem ein leichter Sonnenschutz über die Mittagsstunden von Vorteil (G. Starr (2012)). Hier in Mitteleuropa sollte Agave wocomahi hingegen vollsonnig stehen, damit die Pflanzen möglichst kompakt bleiben. Während der Wintermonate empfiehlt sich zudem eine kühle und (obwohl die Pflanzen in der Natur auch Schnee aushalten) trockene Überwinterung, wobei die Art bis ca. -8°C ohne Schäden verträgt (G. Starr (2012)). An das Substrat scheint Agave wocomahi keine größeren Ansprüche zu stellen, solange es ausreichend durchlässig ist (bei uns wächst Agave wocomahi in rein mineralischem Substrat und fühlt sich damit sichtbar wohl).
(*) H. S. Gentry (2003) berichtet, dass eine bei ihm in Kultur zur Blüte gekommene Pflanze keine Samen angesetzt hat, weshalb er vermutet, dass Agave wocomahi auf die Kreuzbestäubung mit einer zweiten, zeitgleich blühenden Pflanze angewiesen ist (H. S. Gentry (2003), S. 457). |
Literatur: | T. Boeuf et al. (2017), S. 132; Bradleya 28/2010, S. 53 ff.; P. Colunga-Garcia Marin et al. (Hrsg.) (2007), S. 23 ff.; U. Eggli (Hrsg.) (2001), S. 74 f.; H. S. Gentry (1942), S. 96; H. S. Gentry (2003), S. 456 ff.; F. Hochstätter (2015), Abs. IV, S. 16; JBRIT 1/1 (2007), S. 499 ff.; G. Starr (2012), S. 292 ff.; J. A. Vazquez-Garcia et al. (Hrsg.) (2007), S. 38 ff. (insb. S. 79 f.); |