Agave chrysantha (Peebles 1935)

 
 
 
 
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Beschreibung:

 

Synonyme: Agave palmeri ssp./var. chrysantha, Agave repanda;
Heimat: USA; zentr. und südl. Arizona (westl. bis zentr. Gila, nordöstl. Maricopa, nordöstl. Pima, südöstl. und nördl. Pinal und südöstl. Yavapai County); in Canyons und auf Hängen mit sandigen und steinigen Substraten (vulkanisch und auf Granit), offen oder im Schutz von Büschen und Bäumen, in 700m-2130m Höhe;
Wuchsform: oft einzeln (manchmal wenige Ableger bildend), Rosetten (breit-)kugelig, (mäßig) kompakt bis eher offen, bis 1,20m hoch und bis 1,80m im Durchmesser (jedoch an manchen Standorten deutlich kleiner bleibend); mit ca. 40-100 Blättern, diese (gelblich-)grün oder graugrün bis bläulich-grau, teils mit Querbändern gemustert, linealisch- bis länglich-lanzettlich (nahe der Mitte am breitesten, unterhalb davon nicht oder oft nur wenig schmäler), schräg aufrecht bis (insb. ältere Blätter) ausgebreitet, gerade oder leicht nach oben oder unten und manchmal (insb. zur Spitze hin) leicht zur Seite gebogen, leicht bis deutlich rinnig, die fast geraden bis welligen Ränder etwa alle 1cm-3cm mit bis zu 1cm großen (zur Basis hin kleineren und dichter stehenden), oft aus warzenartigen Vorsprüngen entspringenden, (rötlich- bis dunkel-)braunen bis (im Alter) grauen Randzähnen (dazwischen, insb. zur Basis hin, oft mit kleineren "Zwischenzähnen") besetzt, in einen bis zu 7,5cm langen, schlanken, auf der Oberseite deutlich eingekerbten, (rötlich- bis dunkel-)braunen bis (im Alter) grauen Enddorn auslaufend, bis 85cm lang und bis 12cm (selten bis 18cm) breit;
Infloreszenz: aufrecht, rispig, schlank, der Schaft locker mit bis zu 18cm langen, dreieckigen, in einen pfriemlichen, rötlich-braunen Dorn auslaufenden, grauen Brakteen besetzt, das obere Drittel bis obere Viertel mit 8-18 bis zu 40cm langen, schräg aufrechten bis fast waagrechten, (fast) geraden bis (leicht) nach unten gebogenen Zweigen, diese an oder nahe ihrer Enden erneut verzweigend und die Teilzweige kleine, kugelige Blütenbüschel tragend (diese meist so dicht, dass sie einen einheitlichen, kompakten, (breit-)kugeligen (bis zu 30cm breiten) Blütenbüschel aus ca. 100-300 Blüten bilden - jedoch manchmal lockerer bis (selten) voneinander getrennt), bis 8m hoch;
Blüte: gelb (evtl. selten mit roten Spitzen (*)), glocken- bis trichterförmig, mit hellgrüner Röhre, duftend (ähnlich Kokosnuss-Fleisch), bis 5,6cm lang; jede Einzelblüte bleibt ca. 5 Tage geöffnet; die Blütezeit am heimatlichen Standort beginnt im späten Frühjahr (ca. Ende Mai bis Anfang Juni) und reicht bis Anfang August;
Frucht: braun, eiförmig bis länglich-oval, spitz zulaufend, mit oder ohne Stiel, bis 5cm lang und bis 1,7cm im Durchmesser; Samen matt schwarz, meist halbkreisförmig, mit einem deutlich ausgeprägten "Randflügel", bis 7mm lang und bis 5mm breit;
Bemerkungen:

Die hier vorgestellte, recht variable Art ist sehr wahrscheinlich nahe mit Agave palmeri verwandt (**) und dieser sehr ähnlich, jedoch unterscheiden sich die beiden Arten im Blütenstand (bei Agave palmeri nur bis 5m hoch, mit bis zu 15 Zweigen und weniger dichten Blütentrauben) und, stärker noch, in der Blüte (bei Agave palmeri etwas größer, grünlich- bis hellgelb und mit lila (statt gelben) Staubfäden). Nicht blühende Pflanzen lassen sich am besten anhand ihrer Herkunft bestimmen: So werden fast alle Pflanzen nördlich und westlich der Rincon Mountains (östlich von Tucson, Arizona) Agave chrysantha zugeordnet (***), während alle Pflanzen östlich und südlich der Rincon Mountains zu Agave palmeri gezählt werden. In den Rincon Mountains selbst gehen beide Arten ineinander über.

Tatsächlich finden sich fast überall dort Übergangsformen und Hybriden, wo (neben Agave chrysantha) eine weitere Agave-Art vorkommt. So hybridisiert Agave chrysantha mit Agave delamateri, Agave murpheyi (U. Eggli (Hrsg.) (2001), S. 22) und (u. a. in der Sierra Ancha und der Mazatzal Range) mit Agave parryi (H. S. Gentry (2003), S. 429), sowie mit beiden Varietäten von Agave toumeyana, wobei die Hybride mit Agave toumeyana var. bella gar einen eigenen Namen (Agave x arizonica) erhielt (P. Breslin et al. (2015), S. 219). Allerdings kann es dort, wo solche Hybriden vorkommen, auch zu Rückkreuzungen mit den Elternarten kommen, wodurch Gene der anderen Agave-Art in den Genpool von Agave chrysantha integriert werden (der Fachbegriff hierfür lautet "Introgression"). Dies verändert das Aussehen der Pflanzen nur wenig, was es jedoch umso schwieriger macht, "reine" Agave chrysanthas von chrysanthas mit fremden Genen zu unterscheiden, da Introgression meist zu fließenden Übergängen zwischen den Eltern und ihren Hybriden führt. So geht H. S. Gentry (2003) davon aus, dass es sowohl zwischen Agave chrysantha und Agave palmeri, als auch zwischen Agave chrysantha und Agave parryi zu Introgression kommt - wobei dies in letzterem Fall dazu führt, dass die Blätter von Agave chrysantha dort, wo diese beiden Arten gemeinsam vorkommen, kürzer. breiter und dicker sind als in Gegenden, in welchen nur Agave chrysantha vorkommt (H. S. Gentry (2003), S. 429 f.).

Eine gewisse Ähnlichkeit mit Agave chrysantha weisen auch die im zentralen Arizona in der Nähe von präkolumbianischen, archeologischen Stätten vorkommenden Agave verdensis und Agave yavapaiensis auf. Beide Arten unterscheiden sich von Agave chrysantha (u. a.) jedoch dadurch, dass sie sprossen, kleiner bleiben (nur bis 70cm hoch und im Durchmesser) und einen kürzeren Enddorn aufweisen (nur bis 3,4cm lang). Zudem ist der Blütenstand (mit bis zu 6m Höhe) eher etwas kleiner (P. Breslin et al. (2015), S. 242 ff.). Auch manche Formen von Agave deserti ssp. simplex und Agave mckelveyana können der hier vorgestellten Agave chrysantha ähnlich sehen. Ist allerdings die Herkunft der Pflanzen bekannt, so ist eine Unterscheidung problemlos möglich, da sich die Verbreitungsgebiete dieser drei Arten nicht überlappen (das von Agave deserti ssp. simplex liegt weiter südwestlich und das von Agave mckelveyana weiter nordwestlich). Zudem werden Agave deserti ssp. simplex und Agave mckelveyana zu den Deserticolae gerechnet, während Agave chrysantha (bisher) zu den Ditepalae gehört.

Allerdings deuten die Ergebnisse der DNA-Analyse von K. C. Gil-Vega et al. (in P. Colunga-Garcia Marin et al. (Hrsg.) (2007) darauf hin, dass nicht alle der den Ditepalae zugerechneten Arten nahe miteinander verwandt sind. So stehen mit Agave applanata, Agave durangensis und Agave wocomahi drei der vier untersuchten Arten der Ditepalae (zusammen mit Agave americana) in einer Sektion, während die hier vorgestellte Agave chrysantha in einer vollkommen anderen Sektion auftaucht - und zwar in unmittelbarer Nähe von Agave grijalvensis und Agave sisalana, was ein wirklich unerwartetes Ergebnis ist, da die Vorkommen dieser beiden Arten tausende Kilometer weiter südlich liegen (die im Rahmen der Studie untersuchten Pflanzen dieser beiden Arten stammten beide aus Chiapas, Mexiko - während die untersuchte Agave chrysantha aus der Sierra Ancha stammte, was wiederum die Frage aufwirft, ob dies eine "reine" chrysantha war oder ob hier nicht eine der anderen, in dieser Gegend vorkommenden Agave-Arten ihre Finger (bzw. Gene) mit im Spiel hatte).

Interessant ist zudem, dass Peebles in seiner Erstbeschreibung von Agave chrysantha berichtet, dass die Art an ihren Blütenständen vereinzelt Bulbillen entwickelt - eine Eigenschaft, die in Arizona ansonsten nur bei Agave murpheyi zu finden ist (und die sich auch bei Agave sisalana wiederfindet). So liegt das Verbreitungsgebiet von Agave murpheyi fast vollständig innerhalb des Verbreitungsgebiets der hier vorgestellten Art. Der Verbreitungskarte in P. Breslin et al. (2015) nach könnte Agave murpheyi auch in der Gegend vorkommen, in welcher der Typstandort von Agave chrysantha (Queen Canyon, Pinal Mountains) liegt (siehe P. Breslin et al. (2015), S. 226). Könnte es sein, dass jene von Peebles beobachtete Pflanze (durch Introgression oder Hybridisierung) Gene von Agave murpheyi enthielt, oder dass es sich gar um Agave murpheyi handelte? Es dürfte kaum möglich sein, diese Frage nach so vielen Jahren sicher zu beantworten. Da uns aber bisher keine weiteren Berichte darüber vorliegen, dass sich Agave chrysantha (vereinzelt) auch über das Ausbilden von Bulbillen vermehrt, empfehlen wir, dieser Information nicht allzu viel Gewicht beizumessen.

So oder so dürfte sich Agave chrysantha hauptsächlich generativ (also durch Bestäubung und das anschließende Ausbilden von Samen) vermehren. Hierbei zeigt die Studie von L. A. Slauson (in Am. Jnl. of Bot. 87/6 (June 2000)), dass sich Agave chrysantha (im Gegensatz zu Agave palmeri) im Laufe der Evolution etwas stärker tagaktiven Bestäubern zugewendet hat, wenn auch nicht vollständig. So weisen die Blüten von Agave chrysantha Anpassungen auf, die dazu dienen, für tagaktive Bestäuber attraktiver zu werden (z. B. die intensive Blütenfarbe, die zwar nächtliche, jedoch (zeitlich) spätere Produktion von Nektar (was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass auch tagsüber noch Nektar zur Verfügung steht), und der mehr süßliche Duft) - während die grundliegenden Merkmale darauf hindeuten, dass Agave chrysantha (bzw. ihre Vorfahren) ursprünglich ganz auf nächtliche Bestäuber ausgerichtet war (wie u. a. die ausschließlich nächtliche Produktion von Nektar und das Freisetzen von Duftstoffen - wobei der Duft weniger intensiv ist als bei Agave palmeri). Als tagaktive Bestäuber konnten vor allem Insekten (besonders Honigbienen, aber auch Holzbienen, Hummeln und (seltener) auch Schmetterlinge, Stubenfliegen und Wespen) und Kolibris beobachtet werden - nachts werden die Blüten hauptsächlich von Nachtfaltern und nachtaktiven Schwärmern besucht (****). Allerdings hängt der Bestäubungserfolg stark von der Größe und dem Verhalten der Bestäuber ab. So berühren kleine Insekten wegen ihrer geringen Größe die Narben oft nicht, während Kolibris dazu neigen, die Narben zu "umfliegen". Als Hauptbestäuber identifiziert die Studie daher Holzbienen und Hummeln, sowie (wenn auch in etwas geringerem Maße) die nachtaktiven Schwärmer. Wäre die Bestäubung zu 100% erfolgreich und hätte die Pflanze ausreichend Ressourcen zur Verfügung, dann könnte ein Blütenstand bis zu 1720 Früchte hervorbringen. Allerdings entwickelten sich bei den beobachteten Pflanzen im Durchschnitt nur ca. 22%-26% (maximal 57%) der Früchte vollständig (Am. Jnl. of Bot. 87/6 (June 2000), S. 825 ff.).

In Kultur ist Agave chrysantha problemlos. Die Pflanzen stehen (hier in Mitteleuropa) gerne vollsonnig. Zudem sind sie unempfindlich gegenüber Hitze und Trockenheit. In den Wintermonaten dürfen die Temperaturen sogar deutlich in den negativen Bereich absinken, denn Agave chrysantha verträgt (nach G. Starr (2012)) Temperaturen bis -13°C. Bei optimaler Pflege (d. h. in wärmeren Gegenden (der Autor bezieht sich wahrscheinlich auf die südwestliche USA) frei ausgepflanzt und mit zusätzlichen Wassergaben versorgt) kann Agave chrysantha bereits nach 10-15 Jahren blühen (J. L. Hawker (2016)). Die Bilder 9 - 16 zeigen Pflanzen im SGNP(E) (Tanque Verde Ridge) nahe Tucson, Arizona, wo es bereits schwierig wird, die Art von Agave palmeri zu unterscheiden.

 

(*) Dies ist auf keinen der uns bekannten Fotos von Agave chrysantha zu sehen, jedoch zeigt das Blütenfoto von Agave phillipsiana in P. Breslin et al. (2015) (S. 235, rechts oben), dass die Blütenblätter dieser Art rote Spitzen haben. Womöglich basiert diese Beobachtung auf einer Verwechslung mit Agave phillipsiana oder auf Pflanzen, die durch Hybridisierung oder Introgression genetisch von Agave phillipsiana beeinflusst waren (bzw. sind) - zumal sich die Verbreitungsgebiete der beiden Arten überschneiden. Es ist aber genauso gut möglich, dass tatsächlich die Blütenblätter der ein oder anderen Agave chrysantha rote Spitzen besitzen. Um dies zu klären, sind wohl weitergehende Beobachtungen an den unterschiedlichen Standorten der hier vorgestellten Art notwendig.

(**) Leider wurde Agave palmeri in der DNA-Untersuchung von K. C. Gil-Vega et al. (in P. Colunga-Garcia Marin et al. (Hrsg.) (2007)) nicht berücksichtigt, weshalb diese Annahme bisher nicht durch DNA-Analysen gestützt wird (siehe P. Colunga-Garcia Marin et al. (Hrsg.) (2007), S. 23 ff.).

(***) Allerdings listet H. S. Gentry (2003) in seinen Exsiccatae der Ditepalae mehrere Aufsammlungen aus der Sierra Ancha und eine zwischen Globe und dem Coolidge Dam unter Agave palmeri (siehe H. S. Gentry (2003), S. 461 f.), während nach P. Breslin et al. (2015) Agave palmeri dort nicht vorkommt. Womöglich wurden die von H. S. Gentry (2003) genannten Aufsammlungen falsch bestimmt, vielleicht verursacht durch die Introgression von Genen von Agave parryi oder Agave murpheyi. So schreibt H. S. Gentry (2003) auf S. 429 f., dass es ihm schwerfiel, Pflanzen aus dieser Gegend einzig anhand ihrer Blätter Agave chrysantha oder Agave palmeri zuzuordnen, da die Form der Blätter in dieser Gegend eher der von Agave chrysantha entspreche, während die dichter stehenden Randzähne eher für Agave palmeri sprechen. Auch hierzu dürften weitere Untersuchungen notwendig sein, um herauszufinden, welche Agave-Arten in dieser Gegend vorkommen und ob bzw. in wieweit sie sich (genetisch) gegenseitig beeinflussen.

(****) Interessant ist, dass keine Fledermäuse als Bestäuber beobachtet wurden. Dies liegt insbesondere am Zeitraum, in dem die Blütenbeobachtungen durchgeführt wurden (Anfang Juli). Allerdings blüht Agave chrysantha offenbar zu früh im Jahr. So zieht die Kleine Mexikanische Blütenfledermaus erst in den Sommermonaten von Mexiko nach Norden und erreicht den südlichen Teil des Verbreitungsgebiet von Agave chrysantha erst Ende Juli (und dringt auch nicht weiter gen Norden vor) - und damit zu einer Zeit, in der sich die Blütezeit von Agave chrysantha bereits ihrem Ende zuneigt (Am. Jnl. of Bot. 87/6 (June 2000), S. 830 ff.). Es ist somit nicht vollständig auszuschließen, dass auch Fledermäuse die noch vorhandenen Blüten besuchen, jedoch scheinen sie als Bestäuber von Agave chrysantha keine zentrale Rolle zu spielen.

Literatur: Am. Jnl. of Bot. 87/6 (June 2000), S. 825 ff.; T. Boeuf et al. (2017), S. 39; Bradleya 28/2010, S. 53 ff.; P. Breslin et al. (2015), S. 218 f.; P. Colunga-Garcia Marin et al. (Hrsg.) (2007), S. 23 ff.; DaS Nr. 17 (1991), S. 3 ff.; U. Eggli (Hrsg.) (2001), S. 21 f.; H. S. Gentry (2003), S. 426 ff.; J. L. Hawker (2016), S. 41 ff.; F. Hochstätter (2015), Abs. IV, S. 6; M. B. Johnson (2004), S. 6; PBSW Vol. 48 (1935), S. 139 f.; G. Starr (2012), S. 74 ff.;