Copiapoa cinerea (Britton + Rose 1922)

 
 
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Beschreibung:

 

Synonyme: Copiapoa cinerea var. solitaris, sowie unter dem Gattungsnamen Echinocactus; nach F. Ritter (1980) und E. F. Anderson (2005) auch Copiapoa albispina bzw. Copiapoa cinerea var. albispina (siehe dazu unter Bemerkungen) und nach G. Charles (1998) auch Copiapoa cinerea var. tenebrosa bzw. Copiapoa tenebrosa (siehe dazu unter Bemerkungen);
Heimat: Chile; südwestl. Antofagasta; in der Umgebung von Taltal (entlang der Küste bis ca. 5km nördl. und südl. des Ortes, sowie in den angrenzenden Tälern bis ca. 12km ins Landesinnere) auf steinigen Hängen, in Küstennähe und auf den angrenzenden Bergen in bis ca. 1000m Höhe;
Wuchsform: einzeln oder (basal oder / und darüber) sprossend und so meist kleine (selten große) Gruppen mit bis zu 6 (selten mit mehr als 30) Köpfen bildend; Körper (weißlich- bis bräunlich-)grau, alte Pflanzen von der Basis her zunehmend dunkelgrau bis schwarz werdend, anfangs (breit) kugelig, im Alter zylindrisch, Scheitel dicht mit weißlicher, gelblicher, hellbrauner oder (weißlich-)grauer bis fast schwarzer Wolle bedeckt und oft (mehr oder weniger dicht) mit Dornen bestanden (jedoch manchmal ohne), die Körperoberfläche dicht mit weißlichen, wachsartigen Schuppen bedeckt, mit ca. 12-30 Rippen, diese meist gerade (selten leicht spiralig den Körper hinablaufend), die Ränder gerade bis leicht wellig (dann um die höckerartigen Erhebungen breiter), stumpf, leicht gehöckert (wobei die Areolen eher im unteren Bereich der Höcker sitzen), manchmal durch flache Querfurchen in Segmente unterteilt, bis 1,8cm hoch und bis ca. 2cm breit, Körper bis 70cm hoch (selten bis 1,40m, dann im unteren Teil liegend und nur die Triebspitze aufrecht) und bis 25cm im Durchmesser;
Bedornung: Areolen rund bis leicht länglich, teils leicht eingesenkt, anfangs mit (schmutzig-)weißlichem bis grau-schwarzem Filz bedeckt (später grau und zunehmend verkahlend) und bis 1cm im Durchmesser; meist mit 1-8 Randdornen (selten fehlend oder mit bis zu 12), diese von gelblich über hell oder dunkel bräunlich bis schwarz, nadelig bis (dünn) pfriemlich, meist gerade (selten leicht gebogen), (etwas) abstehend und bis 2cm (vereinzelt bis 4cm) lang (dabei die unteren am kräftigsten und längsten, die oberen oft weniger kräftig und nur bis 4mm lang); sowie meist mit 1-2 Mitteldornen (selten fehlend oder mit bis zu 4), diese wie die Randdornen, jedoch immer pfriemlich, (etwas) kräftiger, immer abstehend und bis 3,5cm (selten bis 6cm) lang; bei alten Pflanzen der untere Bereich des Körpers meist dornenlos;
Blüte: (hell)gelb, breit glockenförmig bis trichterförmig, scheitelnah, bis 4,5cm lang und bis 4cm im Durchmesser;
Frucht: becherförmig, beschuppt, bis 2cm lang und bis 1,5cm im Durchmesser; Samen glänzend schwarz, über 1,5mm lang;
Bemerkungen: Die hier vorgestellte Art wurde bereits 1854 östlich von Taltal gesammelt und 1860 von Philippi als "Echinocactus cinereus" beschrieben. Obwohl sie nur ein sehr kleines Gebiet besiedelt, ist sie (vor allem in der Bedornung, aber auch in der Farbe der Epidermis und der Tendenz zur Gruppenbildung) ausgesprochen variabel. Die Ursache hierfür sind (nach F. Ritter (1980)) die unterschiedlichen Umweltbedingungen, welchen die Pflanzen an ihren verschiedenen Standorten ausgesetzt sind. So sind in Küstennähe wachsende Pflanzen weniger dicht bedornt und sprossen zudem kaum (und dann oft nicht basal, sondern nur darüber), während in höheren und damit feuchteren Gebieten wachsende Pflanzen stärker (und meist auch basal) sprossen, größere Triebe ausbilden und dichter bedornt sind. Hinzu kommt, dass sich in der Umgebung von Taltal die Vorkommen mehrerer Copiapoa-Arten berühren oder überschneiden und daher Introgression als zweite Ursache für die große Variabilität in Betracht gezogen werden muss. So wachsen in der Umgebung von Taltal und entlang des Küstenstreifens nördlich von Taltal immer wieder Pflanzen, die sich nur schwer in das taxonomische System einordnen lassen (dies betrifft insb. "C. albispina" und "C. tenebrosa"). Viele Autoren sehen in Copiapoa cinerea außerdem die Leitart einer ganzen Gruppe von Copiapoen. Eine Zeit lang fungierte Copiapoa cinerea daher als "Sammelbecken" für zahlreiche Formen (siehe z.B. G. Charles (1998), der neben der hier vorgestellten Typ-Form mit "var. columna-alba", "var. dealbata", "var. gigantea", "var. krainziana" und "var. longistaminea" gleich fünf weitere Elemente dieses Verwandtschaftskreises als Varietäten von Copiapoa cinerea führt - alle fünf werden hier als eigene Arten behandelt).
Die beiden nächsten Verwandten von Copiapoa cinerea sind sicherlich Copiapoa columna-alba und Copiapoa gigantea. Copiapoa columna-alba lässt sich noch vergleichsweise leicht von den anderen beiden Arten unterscheiden (u.a. durch die kaum vorhandene Neigung zu sprossen, die größere Zahl an Rippen und das weiter südlich gelegene Vorkommen). Schwieriger wird es hingegen bei der sehr variablen Copiapoa gigantea, welche sich durch den meist (jedoch nicht immer) niedrigeren Wuchs, die geringe Neigung oberhalb der Basis zu sprossen, die eher etwas höhere Rippenzahl (mit bis zu 37 Rippen), die mehr nadelige, meist hellgelbe (bei "C. albispina" weißliche bis bräunliche) Bedornung und das (tendenziell) weiter nördlich gelegene Vorkommen unterscheidet. Beide werden vor allem in der jüngeren Literatur (z.B. bei D. Hunt (2006) und F. S. Espinosa + J. P. A. Ramos (2013)) als Unterarten der hier vorgestellten Copiapoa cinerea geführt. Dieser Ansatz scheint auf den ersten Blick auch logisch und gut nachvollziehbar zu sein, weshalb er ursprünglich auch hier Verwendung finden sollte. Allerdings keimten beim Schreiben dieses Textes Zweifel und die Ursache dafür ist "C. tenebrosa". Jene von F. Ritter im Jahr 1980 beschriebenen Pflanzen (in F. Ritter (1980), S. 1098 f.) sind schon seit längerem eines der besonders umstrittenen Elemente des Verwandtschaftskreises um Copiapoa cinerea. Sie wachsen (nach R. Schulz + A. Kapitany (1996)) zusammen mit der hier vorgestellten Copiapoa cinerea im Bereich des Cerro Perales (östl. von Taltal) und in den unteren Bereichen des San Ramon Tals (nordöstl. von Taltal; in den höheren Bereichen dieses Tals liegen die Vorkommen von Copiapoa krainziana). Ähnliche, jedoch nicht mit letzter Sicherheit zu "C. tenebrosa" gehörende Pflanzen sollen zudem wenige Kilometer nördlich des San Ramon Tals nahe der Küstenstrasse wachsen (dort zusammen mit "C. albispina"). "C. tenebrosa" bildet dabei recht dichte, bis ca. 70cm hohe Gruppen mit bis zu 3m im Durchmesser - bestehend aus bis zu 100 Trieben, die jedoch nie mehr als 20cm im Durchmesser erreichen. Zudem ist die Scheitelwolle dieser Pflanzen gelblich bis orange und die anfangs gelbe, im Alter schwarze, bis zu 3cm lange Bedornung fehlt bei manchen Pflanzen völlig. Während F. Ritter (1980) und R. Schulz + A. Kapitany (1996) diese Pflanzen als eigenständige Art ansehen, führt G. Charles (1998) "C. tenebrosa" als Synonym der hier vorgestellten Copiapoa cinerea. E. F. Anderson (2005) stellt "C. tenebrosa" hingegen als Synonym zu Copiapoa gigantea, und (auch) nach D. Hunt (2006) und F. S. Espinosa + J. P. A. Ramos (2013) gehört "C. tenebrosa" zu Copiapoa gigantea (welche von diesen als "C. cinerea ssp. haseltoniana" bezeichnet wird). Wäre die Einstufung von D. Hunt (2006) und F. S. Espinosa + J. P. A. Ramos (2013) richtig, dann wäre das Vorkommen am Cerro Perales ein gemischtes Vorkommen der hier vorgestellten Typunterart und der "ssp. haseltoniana". Dies kann jedoch nicht sein, da sich dann die beiden Unterarten ständig miteinander kreuzen müssten und mit der Zeit ein Hybridschwarm entstanden sein müsste, der jede beliebige Übergangsform zwischen den beiden Unterarten enthält. Zwar berichten R. Schulz + A. Kapitany (1996) auch bzgl. "C. tenebrosa" von einer großen Variabilität, aber eben nicht über Hybriden, Übergangsformen oder über Schwierigkeiten, Pflanzen der einen oder anderen Art zuzuordnen. Man könnte daher vermuten, dass irgendeine Art von Reproduktionssperre zwischen Copiapoa cinerea und "C. tenebrosa" existiert, die verhindert, dass sich die beiden kreuzen. Dies lässt jedoch nur eine mögliche Schlussfolgerung zu: Es muss sich somit bei Copiapoa cinerea und "C. tenebrosa" um zwei getrennte Arten handeln. Folgt man somit der Ansicht von D. Hunt (2006) und F. S. Espinosa + J. P. A. Ramos (2013) und sieht in "C. tenebrosa" Pflanzen, die zu ihrer "ssp. haseltoniana" gehören, dann bleibt als einzig logische Schlussfolgerung, dass es sich bei ihrer "ssp. haseltoniana" in Wirklichkeit um eine eigenständige Art handeln muss - die dann mit dem Namen Copiapoa gigantea zu bezeichnen ist, da dies der älteste der in Frage kommenden Namen ist. Interpretiert man die Variabilität von Copiapoa cinerea und "C. tenebrosa" jedoch dahingehend, dass es keine Reproduktionssperre zwischen den beiden gibt (und dass die Variabilität der Pflanzen durch Hybridisierung bzw. Introgression der beiden entstanden ist), dann wäre eine zweite mögliche Lösung des Problems, Copiapoa cinerea und Copiapoa gigantea als eine einzige, sehr variable Art aufzufassen und den Namen Copiapoa gigantea in die Synonymie von Copiapoa cinerea zu verweisen - ein Vorschlag, den wir so in der Literatur bisher noch nicht vorgefunden haben (und den wir für sehr attraktiv halten!), auch wenn G. Charles (1998) dem sehr nahe kommt, indem er schreibt, dass er Copiapoa cinerea und Copiapoa gigantea für eine einzige Art hält und Zweifel daran hat, ob er Copiapoa gigantea überhaupt als Varietät von Copiapoa cinerea anführen soll. Leider haben wir bei unserer Reise im Jahr 2012 den Cerro Perales nicht besucht, weshalb uns die Situation dort nicht persönlich bekannt ist. Somit müssen wir uns auf die uns zur Verfügung stehende Literatur verlassen und unsere Schlüsse darauf basierend treffen, auch wenn sich eine alternative Lösung für uns "besser anfühlt". Wir behalten hier daher das alte System (vorerst) bei und behandeln Copiapoa cinerea und Copiapoa gigantea weiterhin als eigenständige Arten.
In der Einordnung umstritten sind zudem zahlreiche jener Populationen, die den Küstenabschnitt nördlich von Taltal (bis Paposo) besiedeln. Dazu zählt (neben "C. tenebrosa") vor allem "C. albispina", eine Form mit recht kleinen Körpern, deren weißliche (bis bräunliche) Bedornung an Copiapoa krainziana erinnert. Während F. Ritter (1980) jene Pflanzen als Varietät und E. F. Anderson (2005) als Synonym der hier vorgestellten Copiapoa cinerea führt, werden sie von anderen Autoren als Synonym zu Copiapoa gigantea gestellt. Je nach Interpretation könnte "C. albispina" somit eine Übergangsform zwischen Copiapoa cinerea und Copiapoa krainziana oder zwischen Copiapoa gigantea und Copiapoa krainziana (oder gar zwischen allen Dreien, was gut zu G. Charles (1998) passen würde, der von einer "bunten Mischung" im Eingangsbereich des San Ramon Tals berichtet) sein, die durch Hybridisierung oder Introgression entstanden ist. Interessant ist aber auch hier wieder, dass es (laut R. Schulz + A. Kapitany (1996)) einen Standort nördlich von Taltal gibt, an dem "C. albispina" zusammen mit "C. tenebrosa"-ähnlichen Pflanzen vorkommt, und auch bei diesem Standort berichten R. Schulz + A. Kapitany (1996) nicht über Hybriden, Übergangsformen oder Pflanzen unklarer Zuordnung. Ist dies richtig, dann könnte man auch hier wieder eine Reproduktionssperre zwischen den Pflanzen vermuten, was dafür sprechen würde, dass F. Ritter (1980) doch recht hat und "C. albispina" in Wirklichkeit eine Form der hier vorgestellten Copiapoa cinerea ist. Aber auch diese Vermutung lässt sich ohne genauere Untersuchungen kaum beweisen. Neben diesen beiden Formen ist zudem "C. eremophila" und (im engeren Sinne) Copiapoa gigantea selbst als umstritten anzuführen. Letzteren Namen verlieh Backeberg im Jahr 1936 einer Population östlich von Paposo, deren Körper besonders groß und kräftig werden, während die meist kleiner bleibenden Formen andere Namen erhielten (u. a. "C. eremophila" für die dichter bedornten Formen am nordöstlichen Rand des Verbreitungsgebiets und "C. haseltoniana" für die weniger dicht bedornten Formen entlang der Küste bei Paposo). Heute werden all diese Populationen als eine einzige, variable Art angesehen, und da Copiapoa gigantea der älteste Name für jene Populationen ist, tragen nun auch die kleiner bleibenden Varianten den Namen Copiapoa gigantea. Jene Namensvielfalt zeigt, wie groß die Variabilität der Copiapoen in der Umgebung von bzw. nördlich von Taltal ist. Entsprechend schwierig ist es, die hier vorgestellte Copiapoa cinerea gegenüber den anderen Copiapoen abzugrenzen. Letztlich werden wohl nur umfangreiche DNA-Analysen klären können, ob die Trennung in mehrere Arten gerechtfertigt ist und wo genau die Trennlinien verlaufen. Südlich und südwestlich von Taltal wird Copiapoa cinerea dann ziemlich abrupt von Copiapoa columna-alba abgelöst. Obwohl sich Copiapoa columna-alba problemlos von Copiapoa cinerea unterscheiden lässt, stellt E. F. Anderson (2005) Copiapoa columna-alba als Synonym zu Copiapoa cinerea. Dies ist kaum verständlich, da keinerlei Übergangsformen zwischen den beiden Arten bekannt sind. Logischer erscheint uns da noch die Einstufung von D. Hunt (2006) und F. S. Espinosa + J. P. A. Ramos (2013), welche Copiapoa columna-alba als Unterart der hier vorgestellten Copiapoa cinerea führen. Da wir uns aber bereits bei Copiapoa gigantea (aus den zuvor genannten Gründen) gegen die Einstufung als Unterart von Copiapoa cinerea entschieden haben, führen wir hier auch Copiapoa columna-alba als eigene Art.
Copiapoa cinerea gilt (nach F. S. Espinosa + J. P. A. Ramos (2013)) als gefährdet. Zwar scheint sie die Trockenheit in ihrem Verbreitungsgebiet gut zu vertragen, jedoch ist dieses sehr klein und zudem sind einige der Standorte durch die zunehmende Urbanisierung in Folge des Bevölkerungswachstums in Taltal und durch den Bergbau in der Region bedroht. Berichte über die erfolgreiche Kultur von Copiapoa cinerea in unseren Breiten gibt es kaum. T. Lederer (in KuaS 4/2007) berichtet über die Kultur einer gepfropften Pflanze, die nach ca. 30 Jahren Pflege (bei ca. 15cm Höhe und 8cm im Durchmesser) erstmals blühte. Die Pflanze erhielt eine sommerliche Ruhepause und wurde bei Temperaturen von ca. 10°C-12°C überwintert. Zudem wird in der Literatur darüber spekuliert, warum Copiapoa cinerea ihren weißlichen Wachsbelag in Kultur kaum oder überhaupt nicht ausbildet. G. Charles (1998) vermutet die geringere Lichtintensität (insb. hier in Mitteleuropa) als Ursache, während I. Schraub + R. Keim (in KuaS 10/2012) das schnellere Wachstum von Kulturpflanzen als mögliche Ursache nennen.
Literatur: E. F. Anderson (2005), S. 136 f.; G. Charles (1998), S. 25 ff.; F. S. Espinosa + J. P. A. Ramos (2013), S. 38 f.; E. Haustein (1998), S. 202 f. (die Abb. zeigt vermutl. Copiapoa longistaminea); H. Hecht (1991), S. 243 (Abb. S. 242); D. Hunt (2006), S. 53 (Abb. 329.3); KuaS 4/2007, S. 106 f.; R. + K. Preston-Mafham (1995), S. 18; F. Ritter (1980), Band 3, S. 1091 f., 1095 + S. 1097 f.; R. Schulz + A. Kapitany (1996), S. 106 ff. (insb. S. 108 ff.);