Eulychnia breviflora (Philippi 1860)

 
 
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Beschreibung:

 

Synonyme: Eulychnia barquitensis (siehe unter Bemerkungen), Eulychnia breviflora var. tenuis, Eulychnia longispina var. lanuginosior, Eulychnia procumbens (siehe unter Bemerkungen), Eulychnia saint-pieana var. barquitensis, Eulychnia spinibarbis (siehe dazu F. Ritter (1980));
Heimat: Nördl.(-zentrales) Chile; zentr. Atacama bis zentr. Coquimbo; von nördl. von Caldera im Norden bis ca. Huasco und südl. des Llano (de los) Choros bis Coquimbo im Süden, immer in Küstennähe;
Wuchsform: strauchig bis (breit) baumförmig, basal oder / und darüber reich verzweigend, teils einen kurzen Stamm ausbildend, bis 3m (lt. E. F. Anderson (2005) bis 7m) hoch und bis ca. 3m im Durchmesser; Triebe dunkelgrün bis graugrün, aufrecht oder zunächst waagrecht bis niederliegend und nur die Triebspitzen aufrecht, mit 10-13 (selten bis 17) Rippen, diese abgerundet, leicht gehöckert (die Areolen auf der Oberseite der höckerartigen Erhebungen sitzend), teils mit Querfurchen, die Ränder gerade oder leicht wellig (um die Areolen herum breiter), bis 1,5cm hoch und breit, bis 11cm im Durchmesser;
Bedornung: Areolen rundlich, dicht mit kurzem (bei "var. tenuis" längerem, bei "E. barquitensis" noch längerem), bei Jungpflanzen hellem, bei älteren Pflanzen schwarzbraunem und im Alter dann dunkelgrauem bis (bei "var. tenuis") weißlich-grauem Filz bedeckt, bis 1cm im Durchmesser; mit 10-22 Randdornen (nur 5-10 bei "E. barquitensis"), diese anfangs (hell- bis dunkel-)bräunlich (bis schwarz bei "E. barquitensis"), jedoch recht schnell vergrauend, nadelförmig, gerade, bei Jungpflanzen seitlich gerichtet, bei älteren Pflanzen mehr abstehend und dünner, bis 3cm (jedoch manche nur wenige Millimeter) lang; sowie mit 3-6 (bis 10 bei "var. tenuis", nur 1-2 bei "E. barquitensis") Mitteldornen, diese ebenfalls anfangs (hell- bis dunkel-)bräunlich (bis schwarz bei "E. barquitensis"), jedoch meist kräftiger und pfriemlich (an sehr hohen Trieben zunehmend borstig bis haarartig), abstehend, die 1-2 Längsten bis 20cm lang, die Restlichen deutlich kürzer (bei "E. barquitensis" die Längsten nur bis 10cm, jedoch an jüngeren Trieben zusätzlich mit bis zu 12 dünnen, kurzen Mitteldornen, die an alten Trieben durch bis ca. 20 feine, haarartige und mehrere Zentimeter lange Borsten ersetzt werden);
Blüte: weiß bis zart rosa, glockenförmig, die Röhre dicht mit gelblicher bis bräunlicher Wolle bedeckt, nahe dem Scheitel älterer Triebe erscheinend, bis 8cm lang und bis 6cm im Durchmesser;
Frucht: grün, kugelig, dicht mit gelblichen bis bräunlichen (bis grauen bei "var. tenuis"), wolligen Haaren bedeckt, mit weißem (bis bräunlich-orangem bei "E. barquitensis") Fruchtfleisch, das sauer schmeckt, bis ca. 6cm im Durchmesser; Samen matt (braun-)schwarz, bis ca. 2mm lang und bis 1,2mm breit;
Bemerkungen: Die hier vorgestellte Art ist vor allem in der Bedornung sehr variabel. So gibt es laut Literatur deutliche Unterschiede zwischen jüngeren und alten Trieben, wobei die Bedornung bei jüngeren Trieben kräftiger und dafür weniger dicht sein soll, während sie bei alten Trieben zunehmend borstig bis haarartig werde. Wir konnten dieses Phänomen auf unserer Reise leider nicht beobachten. An den Standorten, die wir besuchten, waren die Pflanzen entweder kräftig oder fein bedornt - unabhängig vom Alter der Pflanze und der Triebe. Zwar fanden wir eine gewisse Veränderung von Nord nach Süd (an den nördlicheren Standorten waren die Pflanzen eher kräftig bedornt, an den südlicheren eher fein), aber das kann auch an der zufälligen Auswahl der von uns besuchten Standorte liegen.
Betrachtet man hingegen die Gattung Eulychnia als Ganzes, so fällt auf, dass es eine recht kontinuierliche Veränderung der Merkmale von Nord nach Süd gibt. Entsprechend schwierig ist die Frage zu beantworten, wo in einer solchen Entwicklungslinie sinnvolle Trennlinien zu ziehen sind, sprich: Wo sind die Grenzen zwischen den einzelnen Arten? So ist vor allem die Einordnung jener Populationen umstritten, welche die Übergänge von einer Art zur nächsten darstellen. Im Fall der hier vorgestellten Eulychnia breviflora betrifft dies "E. barquitensis" aus dem Dept. Chanaral, welche Merkmale von Eulychnia breviflora und Eulychnia iquiquensis (die Form, die als "E. saint-pieana" bekannt ist) miteinander vereint. Die Einflüsse von Eulychnia iquiquensis werden vor allem bei der längeren Areolenwolle, der Bedornung (weniger Rand- und Mitteldornen und eine noch stärker abweichende Bedornung in Jugend und Alter) und der Farbe des Fruchtfleischs deutlich. Während E. F. Anderson (2005) "E. barquitensis" als Synonym zu Eulychnia iquiquensis stellt, vergleicht sie F. Ritter (1980) in seiner Erstbeschreibung mit Eulychnia breviflora und D. Hunt (2006) stellt sie gar als Synonym zu der hier vorgestellten Art. Diesem Ansatz folgen auch wir hier, jedoch ohne "E. barquitensis" selbst am Standort (bewusst) gesehen zu haben - wir folgen hier einfach der Mehrheit.
Interessant ist zudem, dass es im Verbreitungsgebiet von Eulychnia breviflora südlich von Huasco offenbar eine Verbreitungslücke von ca. 90km gibt. In dieser Gegend (südl. des Huasco-Tals und im Bereich des Llano (de los) Choros) wird Eulychnia breviflora durch Pflanzen ersetzt, die lange Zeit unter dem Namen "E. acida var. procumbens" bekannt waren und von P. Klaassen im Jahr 2011 (in CSJ 4/2011) in den Artstatus erhoben wurden (der neue Name lautet Eulychnia chorosensis). Diese Pflanzen ähneln (vor allem in der Wuchsform) durchaus einer grob bedornten Eulychnia breviflora, jedoch ist die Blütenröhre eher schwach bewollt, was wiederum auf eine Verwandtschaft mit Eulychnia acida hindeutet. Vielleicht ist diese Art einst durch Introgression oder Hybridisierung von Eulychnia acida mit Eulychnia breviflora entstanden - aber das ist nur eine wilde Spekulation unsererseits. Dass Eulychnia acida und Eulychnia breviflora an gemeinsamen Standorten miteinander hybridisieren, ist jedenfalls bekannt, denn davon berichtet bereits F. Ritter (1980) (so verwundert ein wenig die in D. Hunt (2006), Abb. 10.3 gezeigte Pflanze, die vegetativ stark an Eulychnia acida erinnert, deren Blütenknospe aber die von Eulychnia breviflora ist; evtl. ist dies solch eine Hybride). Interessant ist allerdings, dass Eulychnia breviflora südlich des Llano (de los) Choros wieder vorkommt. Womöglich hat diese Lücke klimatische Ursachen, aber auch das ist wiederum Spekulation.
Diskussionen gibt es außerdem um den Namen "E. procumbens". Dieser basiert auf einer Beschreibung Backebergs, die er anscheinend auf Grundlage eines Photos anfertigte. F. Ritter (1980) glaubt, darin Eulychnia breviflora zu erkennen, jedoch gibt Backeberg als Herkunft "Los Viles" an. Vermutlich meinte er Los Vilos, ein Ort, der mitten im Verbreitungsgebiet von Eulychnia castanea liegt. So sind sich die Autoren bis heute über die richtige Zuordnung uneins: E. F. Anderson (2005) stellt "E. procumbens" als Synonym zu Eulychnia castanea, während D. Hunt (2006) den Namen als Synonym der hier vorgestellten Eulychnia breviflora behandelt - und wo er denn nun wirklich hingehört, hätte wahrscheinlich nicht einmal Backeberg sagen können. Die Früchte von Eulychnia breviflora sollen übrigens bei Guanakos sehr beliebt sein.
Literatur: E. F. Anderson (2005), S. 286; CSJ 4/2011, S. 169 ff.; D. Hunt (2006), S. 117 (Abb. 10.3-5; zu Abb. 10.3 siehe unter Bemerkungen); KuaS 1/2013, S. 19 f.; F. Ritter (1980), Band 3, S. 896 ff.;